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Von unserer Mitarbeiterin Anke Koob
Prof. Jürgen Hubbert sprach auf Einladung des Rotary-Clubs über Trends und Herausforderungen in der Automobilindustrie.
Bilder (2): Koob
"Die Mobilität ist als Motor unserer Gesellschaft unverzichtbar", bekundete Prof. Jürgen Hubbert und entführte
mit diesem Statement seine Zuhörerinnen und Zuhörer in ein Themenfeld voller Kontroversen und Chancen.
Der Vortrag des bis 2004 als Vorstandsmitglied der DaimlerChrysler AG, Geschäftsfeld Personenkraftwagen,
agierenden Jürgen Hubbert geriet auf diese Weise zu einem Feld des Wissenstransfer, der Einblicke in eine
gewohnte und doch so fremde Technik und die Möglichkeiten für die Generationen, welche künftig den Individualverkehr
zu ihrer persönlichen Fortbewegung nutzen werden.
Mit viel Applaus bedachten die rund 60 Mitglieder des Rotary-Clubs Hockenheim sowie der befreundeten Clubs in Walldorf,
Schwetzingen und Neustadt Hubberts Ausführungen. Eingeladen hatte der Rotary-Club zu diesem Treffen im Rahmen
der wöchentlichen Treffen, "Meetings" genannt, bei welchen regelmäßig interessante und wichtige Themen der Zeit
diskutiert werden. Mit der Einladung von Jürgen Hubbert, Ehrenprofessor der Technischen Universität Karlsruhe und
als Vorstandsmitglied der DaimlerChrysler AG auch für die Formel 1 zuständig, konnten sich die Gäste in der Lounge
der Südtribüne am Hockenheimring auf einen fundierten Vortrag zum Thema "Chancen und Möglichkeiten der Automobilindustrie" freuen.
Hubbert bekannte sich zu seiner Profession und Leidenschaft, entschuldigte das "Wir" in seinen Ausführungen:
"Schließlich spreche ich über die Trends und Herausforderungen einer Industrie, für die ich 40 Jahre lang tätig war."
Stolz war der stete Begleiter seines Vortrages: "Vor 120 Jahren wurde in diesem Land das Auto erfunden,
zeitgleich in Mannheim und Stuttgart. Daraus hat sich eine der größten Industrien der Welt entwickelt."
So verbuchte die Welt im Jahre 2005 rund 55 Millionen Neuzulassungen, für das Jahr 2016 erwarte man eine Steigerung
um weitere 15 Millionen Fahrzeuge. Bereits heute sei jeder siebte Arbeitnehmer in der Automobilindustrie beschäftigt,
ein Fünftel des Bruttosozialproduktes der Bundesrepublik Deutschland werde in diesem Industriezweig erwirtschaftet.
Ein Motor, der unverzichtbar erscheint, aber Zukunftsperspektiven benötigt.
Gleich drei Bereiche stünden hier im Vordergrund, betonte Prof. Hubbert: "Dies sind die Energieträger und die Technik
der Zukunft sowie das unfallfreie Fahren." In Sachen Energie werde man sich auf Preiskämpfe und Diskussionen einstellen müssen.
Gleichzeitig arbeite die Automobilindustrie vehement an der Lösung des Problems. Durch den Einsatz der Dieseltechnologie
habe man eine Annäherung erfahren. Aber: "Mehr Komfort, aber kleinere Fahrzeuge. Mehr Leistung, aber weniger Verbrauch.
Größere Fahrzeuge, aber weniger Hubraum - das sind Konflikte, für die die Industrie noch Beiträge leisten muss."
Hingegen sei man beim Thema Umweltschutz bereits vorbildlich: Dieselpartikelfilter, Verringerung des Kohlenmonoxydausstoßes,
die Verbannung von Benzol aus den Fahrzeugen. "Hier", so Prof. Hubbert, "sind jetzt die Haushalte gefordert,
denn ein modernes Auto reinigt die Umgebung, jede Kuh aber produziert mehr CO² als ein modernes Fahrzeug."
Auch die alternativen Antriebe seien weiter in der Diskussion. Für den Referenten liegt die Zukunft im Wasserstoff:
"Da geht kein Weg daran vorbei." Dennoch müssten auch hier noch viele Wege beschritten werden,
denn noch sei die Technologie zu anfällig.
Die individuelle Sicherheit als weiterer Motor der Automobilindustrie sei durch die ständige Weiterentwicklung
der Systeme hingegen auf dem besten Kurs. "5362 Unfalltote im Jahre 2005 - diese Bilanz ist die niedrigste seit der Erfassung
dieser Zahlen", so Hubbert. In den USA hingegen wäre eine beispiellos höhere Zahl von getöteten Menschen zu betrauern.
Dort gab es die 7,5-fache Todesrate bei einem dreifachen Fahrzeugbestand. Die integrierten Sicherheitskonzepte
könnten in der Zukunft das Autofahren sogar so sicher machen, dass ein Unfall fast unmöglich werde, so Hubbert.
So habe man mit der "Pre-Safe-Bremse" in der neuen Mercedes-S-Klasse ein System auf den Markt gebracht,
welches auf Gefahrensituationen reagiere. "Ein System, welches ich mir manches Mal für die Formel 1 gewünscht hätte",
scherzte der Ehrenprofessor.
Auch das "individuelle Fahrzeug", welches Parameter seines Fahrers registriert wie Alter oder Gewicht sowie das
"altersgerechte Fahrzeug" seien Visionen mit realem Bezug. Einzig die Sprachbedienung stelle noch eine Herausforderung dar:
"Stellen Sie sich vor, Ihre Frau fährt und Sie rufen nach der Bremse. Da weiß das Fahrzeug nicht,
dass der Brems-Befehl vom Beifahrer kommt."
Doch wäre die Entwicklung der besten Systeme verfehlt, würde man die Entwicklung des Verkehrs unberücksichtigt lassen.
"Die Prognose bis zum Jahr 2020 sieht eine Zunahme des Individualverkehrs um 20 Prozent, die des Lkw-Verkehrs um 40 Prozent vor."
Hier bestehe dringender Handlungsbedarf, bekundete Hubbert, "vielleicht helfen hier auch Private-Public-Partnership-Projekte."
Für den Rotary-Club Hockenheim bedankte sich der Vorsitzende Peter Wesche, Jörg Söhner übergab Wein und Käse aus der Rennstadt.
In einem anschließenden Gespräch und gemeinsamen Essen konnte das Thema vertieft werden. Ein Teil des Beitrages,
den jeder Gast an diesem Abend entrichtete, wird zugunsten der wohltätigen Projekte des Rotary-Clubs Hockenheim gespendet.
"Wir unterstützen damit die Kindergärten und -tagesstätten in Hockenheim", erklärte Peter Wesche.
Schwetzinger Zeitung
09. November 2006
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